Kegels „Steinernes Haus“ – Renaissance-Bau am Marktplatz

Obervogt Kegel war Bürgermeister und Bauherr  

Wer schon mal aufs gültige Baurecht fluchte oder wenigstens darüber lamentierte, der mag sich trösten, dass es in Villingen bereits vor dem Jahre 1700 ums Nachbarrecht ging. Um die Genehmigung für Dachaufbauten, um Fassaden und um Erker.

Und so war es auch um das Jahr 1700, als  der Fürstlich-Fürstenbergische Obervogt Franz Kegel sein Haus um einen „doppelten Ausstoß“, sprich mit zwei Erkern übereinander, verändern und sicher auch verschönern wollte.
Franz Kegel ist wohl eben wegen seines Bauantrags in den Jahren 1698 und 1699 in den Ratsprotokollen benannt, als er um eine behördliche Baugenehmigung bat.

1889: Haus No. 426, am Marktplatz gelegen, mit einem durch zwei Stockwerke gehenden Steinerker und Zwiebeldach (vgl. Fig. 29) – dem grössten und bedeutendsten in Villingen. Von den zwei Wappen ist das eine, das der Familie Kegel (17. Jh.).

Nach der „Inaugenscheinnahme durch den Rat der Stadt“ wurde ihm die Genehmigung gewährt, und auch die Nachbarn hatten ihren Einspruch zurückgezogen.

Hatten sie doch vermutet, dass ihnen durch die beiden Erker die Aussicht auf das Geschehen in der Achse von Niedere und Obere Straße, zwei der   Hauptstraßen, beeinträchtigt sein könnte.
Der Umbau konnte beginnen, wobei der Obervogt den oberen der beiden Erker mit dem Familienwappen schmücken ließ: zwei entgegen gesetzte, bunte Jagdhörner  am prächtigen Renaissance-Bau.

Bei Wasser und Brot

 Franz Kegels Nachfahren blieben im 18. Jahrhundert in Villingen ansässig und nahmen auch wichtige Ämter ein: 1753 gilt Zacharias Kegel als Alt-Bürgermeister, nachdem er in den Jahren zuvor bereits Stadt-Syndikus und im Jahre 1750 Bürgermeister wurde.

Ein weiterer Bürger dieses Namens wurde ebenfalls Bürgermeister, zu einer Zeit, als der politische “Kampf“ zwischen den Parteien der ‚Schnabuliner‘, den ‚Mordinern‘ und den wechselhaften ‚Finkenreitern‘ um die neue Ratsverfassung tobte.

Ging es doch nach 1751 für viele Jahre um ein neues Gemeinderecht, durch das vor allem die Zünfte ihre Mehrheit im Rat verlieren sollten.

Eine Epoche, während der streitbare Bürger wie ein Ignaz Vosseler, ein Ignaz Ummenhofer und ein Josef Hummel „bei Wasser und Brot“ in die „hintere Stube“ gesperrt wurden: das Bürger-Gefängnis im Alten Rathaus am Münsterplatz.

Als probates Mittel zur Meinungsmache drohte Bürgermeisters Kegel auch schon mal mit Zuchthaus in Bruchsal und machte so den „Rebellen“  die neue Ratsverfassung “löffelweise“ schmackhaft.

Für das Steinerne Haus blieb unerheblich, dass spätere Kegels kinderlos blieben, und so kam der Renaissance-Bau mit den durchweg linearen Quadern wohl nach 1900 in das Eigentum der Familie Honold, die dort auch ihre Geschäftsräume einrichtete.

Mitte der 1960er Jahre rückte das Honoldsche Haus mit seiner auffälligen Fassade in das Interesse der Architekten und der Denkmalschützer.

Frühere Anstriche mussten abgelaugt werden, Mauerwerke und Dachaufbauten wurden ausgebessert, und schließlich wurde eine Mineralfarbe rezeptiert und angerührt, die dem Haus seinen wohl ursprünglichen Charakter zurückgab.

Um die Gesimse an den beiden Erkern zu fassen, für die Fensterbänke und die waagrechten Friese über drei Geschosse wurden sowohl Erd- und Oxyd-Farben wie auch Vergoldungen und Kupfer angebracht. Für die Heraldik des Kegelschen Wappen eine besondere Betonung.
Hatte man sich doch auch „pathetische Gedanken“ für das neuen Kleid an einem alten Bürgerhaus gemacht: Das Spiel von  Licht und Farbe möge zu den Einflüssen von Wetter und Jahreszeiten passen.

Schaurig-schöne Fratze

Blickt seit 300 Jahren auf das Villinger Stadtgeschehen: dieser schaurig-schöne Dämon am ‚Steinern Haus‘ am Marktplatz. Dass er zu früheren Zeiten mal als Wasserspeier diente, lassen seine Lefzen vermuten, aus denen metallene Röhrchen herausragen…

Eine auffälliges Detail ist am Hause Honold für Passanten greifbar nah: in Augenhöhe glotzt eine schaurig-schöne Fratze auf das Geschehen am Zähringer Straßenkreuz: dämonisch, mit stilisiertem Federschmuck, mit breiter Nase und voller männlicher Bartzier schielt diese „Hausmarke“ noch unter dem Erker hervor.
Grad so, als ob er all jene Genossen unserer Zeit schrecken wollte, die bei ihrer schwachen Solvenz trotzdem riskante Geldgeschäfte herausfordern.

Dass er zu früheren Zeiten mal als Wasserspeier diente, lassen seine Lefzen vermuten, aus denen metallene Röhrchen herausragen.

 

 

 

 

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