Auf den ersten Eindruck sind sie aus der Zeit gefallen, wirken jedoch antik und reizvoll: Ansichtskarten zu Villingen, die den Fotografien vorausgingen.
Die frühe Phase der Bild-Post-oder Ansichtskarte im Steindruck, der sogenannten Lithographie, entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts.
Erste Postkarten mit grafischen Darstellungen und einer ‚Bildseite‘ tauchten schon um 1870 auf, meist als einfarbige Lithographien oder Gravuren.
Wegen des Postmonopols in Deutschland durften private Verleger erst ab 1885 kommerzielle Postkarten unter Auflagen herausgeben.
Doch erst ab 1895/1896 wurden farbige Lithographie im Steindruck in großem Umfang populär, als sich mehrfarbige chromo-lithographische Ansichtskarten mit „Gruß aus…“ und mit lokalen Motiven recht rasch verbreiteten und von 1905 bis 1914 die Hochzeit der klassischen Steindruck-Postkarte markierten.
Ältere Ansichtskarten-Sammlungen oder Verzeichnisse aus frühen Jahren datieren als erste farbigen lithographischen Karten in Deutschland zur Jahrhundertwende um 1900.
Wer nun waren die zugehörigen Verleger und Drucker, die in Deutschland die Zeiten der „Postkarten-Blüte“ vor dem Ersten Weltkrieg ab 1895 bis1914 dominierten?
Diese herzustellen und oder zu vermarkteten hatte sich Stengel & Co. in Dresden als einer der größten Ansichtskarten-Drucker weltweit zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu eigen gemacht.
Mitbewerber waren aber auch Purger & Co. in München, die farbige chromo-lithographische Postkarten ab ca. 1899/1900 produzierten, und auch die Gebrüder Metz in Tübingen waren ein großer deutscher Verlag für Post- und Ansichtskarten mit vielen regionalen Motiven für Südwestdeutschland.
Mit im Geschäft auch regionale Photographen und Kunstverlage, die Bildvorlagen lieferten und neue modische Karten in größeren Druckereien fertigen ließen.
Als Verleger für Ansichtskarten in Villingen ist eine „Steindruck-Postkarten-Manufaktur“ wie in Leipzig oder Dresden zwar nicht bekannt, doch lassen alte Sammlungen und Kataloge den Schluss zu, dass zu deren Sortiment auch Karten auch Villinger Motive gehörten.
Regional lag allerdings der Verlag Gebrüder Metz in Tübingen näher, in deren historischen Postkarten-Verzeichnissen und in gängigen Online-Sammlungen vielfach Karten mit Motiven aus Villingen und Umgebung auftauchen.
Spezielle Villinger Motivserien finden sich in Sammlerkatalogen mit den Tortürmen um 1915 -1920, jedoch ohne dass die Druckerei auf der Karte notwendig prominent genannt wird. Das lässt darauf schließen, dass ein lokaler Händler oder Verlag als Auftraggeber gilt.
Bleibt als Fazit, dass für Villingen, den Schwarzwald und die Baar besonders Ansichtskarten des Verlags Gebrüder Metz in Sammlungen nachweisbar sind.
Nicht zu vergessen, dass viele lokale Motive von regionalen Fotografen aufgenommen und von größeren Druckereien lithographisch gedruckt wurden.
Zeitlich gegliedert lassen sich auch die Villinger Ansichtskarten mit typischen Motiven, ihren Drucktechniken und wahrscheinlichen Verlegern. in heimatkundlichen Sammlungen oder Archiven einordnen.
Erste Vorläufer ab 1870 bis 1895 waren sogenannte „Correspondenz-Karten“ als einfarbige Lithographie im Steindruck, als Stahlstich oder Holzstich mit Villinger „Motivik“ • Münster, Stadtmauer und Bickentor und idealisiert, ohne viel Alltag.
Verleger und Hersteller waren meist überregionale Kunst- und Lithographische Anstalten, häufig ohne Ortsvermerk oder nur „Lith. Anstalt“, aber auch lokale Händler und Buchhandlung als Auftraggeber. Viele Exemplare gelten bis heute als selten und sammlerisch besonders wertvoll.
Die Blütezeit der Steindruck-Ansichtskarte lag um 1900 mit klassischen „Gruß aus Villingen“-Karten als mehrfarbige Chromolithographie, in kräftigen Farben, mit Ornamentrahmen, Fahnen und Blumen. Auch hier häufig abgebildet das Münster Unserer Lieben Frau, das Bickentor das Obere Tor der Marktplatz oder der Bahnhof
In der Übergangszeit gelten später die Kombination aus Litho und Foto um 1910. Auf frühe Fotovorlagen und lithographische Kolorierung tauchen erste echte Fotopostkarten tauchen auf: realistischere Stadtansichten, Straßenleben und Fuhrwerke, bei weniger Ornament, doch mehr Dokumentation. Erkennbar an fotografischer Genauigkeit und Farbe.
Schwarz-weiß Fotopostkarten folgten bis 1925 in Gelatine-Silber-Abzüge mit Straßen, Kasernen, Lazaretten, Gruppenbilder, Soldaten und dem Alltagsleben; meist auch hier der Verlag nicht genannt.
Was heute noch überrascht, es galt lange Zeit eine geteilte oder ungeteilte Rückseite, wobei bei ungeteilter Rückseite geschriebener Text vor 1905 nur auf der Bildseite erlaubt war.
Als schließlich die Rückseite der Post- oder Ansichtskarten mit links Text und rechts für die Empfänger-Adresse geteilt gedruckt war, musste das oft malerische Motiv nicht mehr mit Tinte oder Stift „versaut“ werden.
Farbiger Steindruck (Chromolithographie) 1895–1905, vereinzelt bis ca. 1910
- satte, oft leicht „körnige“ Farben
- keine echten Grauabstufungen
- Linien wirken gezeichnet, nicht fotografisch
Fotovorlage + Druck 1905–1914
- realistische Perspektiven
- feine Schatten
- manchmal leicht koloriert
Echte Fotopostkarte (s/w) 1908–1925
- Glanzpapier oder matt
- keine Druckraster
- oft Seriennummer oder Fotografenstempel
Datierung nach Villinger Motiv-Details
Stadtbefestigung und Tore häufige Motive 1898–1910
- Bickentor, Oberes Tor, Riettor
- später seltener, da der touristischer Fokus wechselt
Verkehr & Straße
- keine Autos, nur Fuhrwerke vor 1905
- erste Automobile ab ca. 1906–1908
elektrische Straßenbeleuchtung sichtbar nach ca. 1905
Kleidung
- Damen mit bodenlangen Kleidern + großen Hüten 1895–1910
- kürzere Röcke, schlichtere Mode nach 1910
Verlegerkennzeichen als typische Stellen
- unten im Bildrand, sehr klein
- manchmal nur „Verlag … Tübingen“
- oft „Verlag Gebr. Metz, Tübingen“ oder nur „G. M.“
Villinger Verlage
- Villingen hatte kaum eigene Großverlage
- lokale Buchhandlungen gaben Karten in Auftrag
- gedruckt wurde meist außerhalb
- Tübingen • Stuttgart • Dresden • Leipzig
