Bauunternehmer Bernhard Seemann 90 Jahre am 27.4. 2025 – Er führte einst das größte Bauunternehmen der Stadt
– 1986 kam das Aus (nach est. im SK April 2025)
Die Selbstironie ist speziell: „Der Kopf sitzt noch grad, nu mit dem Körper bin i nit ganz z’friede“, so Bernhard Seemann zu seinem allgemeinen Status. Auch wenn er damit noch recht zufrieden sein kann. Schließlich feiert der stadtbekannte ehemalige Bauunternehmer in Marbach am 27. April seinen 90. Geburtstag.
Im Rückblick sieht Bernhard Seemann auf neun Jahrzehnte eines bewegten Lebens, über das man mehr als ein Buch schreiben könnte.
Eines voller Arbeit, Verantwortung, begleiten von privatem Glück und sozialem Aufstieg, aber auch unternehmerischem Scheitern und gelungenem Neubeginn.
Seine „Kindheit und Flegeljahre“, so Bernhard Seemann, erlebte er im Villinger Krawazi am südliche Ende der Gerberstraße.
Vater Rudolf hatte dort ein Haus gekauft, wo Bernhard, seine Brüder Karl und Dietmar und die Schwester Sieglinde in noch bescheidenen Verhältnissen aufwuchsen.
Vater Rudolf konnte nach 1945 sein Baugeschäft wieder aufnehmen, das er 1936 begonnen hatte. Anfangs hart und beschwerlich. Auch die Kinder wurden früh mit dem Alltag der Berufswelt konfrontiert. Sohn Bernhard begann bereits 1949 mit 14 Jahre eine Lehre als Maurer.
1950 zog die Baufirma Seemann von der Gerberstraße in die Goldenbühlstraße bis 1980. Später längst erledigt: Bernhard Seemann hatte erfolgreich die Maurer-Meisterprüfung abgelegt, Bruder Karl hatte auf Bauingenieur studiert, worauf beide später in das väterliche Baugeschäft eintraten.
„Vater Rudolph bot uns die Chance mitzugestalten“, berichtet Bernhard Seemann, war dabei ein strenger Lehrmeister jener Zeiten: „Wir haben nichts anderes gekannt als die Sieben-Tage-Woche“, wie sich Bernhard erinnert
Mit den Jahren des Wirtschaftswunders ging es mit der Baufirma stetig bergauf. Überraschend verstarb der Vater 1965 im Alter von erst 58 Jahren, worauf die Bernhard und Karl in der Verantwortung standen; und dies bereits für 180 Mitarbeiter.
Es folgten viele weitere gute Jahre für die Baufirma und deren Wohnungsergebnisse: in der Wöschhalde, die Wohnblocks in der Hammerhalde, die Anlage auf dem ehemaligen Gelände der Uhrenfabrik Kaiser in der Weiherstraße und von 1970/71 bis 1982 über 400 Wohnungen im Rundling auf dem Kopsbühl für etwa 1500 Menschen.
Das Unternehmen entwickelte sich stetig, war in ganz Baden-Württemberg tätig, wurde zum Konzern mit weiteren Geschäftsbereichen und 15 Gesellschaften, deren Mitarbeiter 1980 auf die Schwenninger Steig mit einem neuen Verwaltungsgebäude zogen. Parallel zum laufenden Erfolg ein sozialer Aufstieg mit spannenden Zeiten.
Saba-Reporter und Freund Herber Schroff
zog so manche Strippe zur Prominenz aus Sport, Showbiz und dem überregionalen Fußball, unterstützt von der Saba mit illustren Gästen im wechselnden Stelldichein.
Doch Bernhard Seemann blieb bodenständig, leitet Anfang der 1970er-Jahre mehrere Jahre den Villinger Turnverein und zeigte sich bei anderen Vereinen als deren Gönner. Und es blieb Zeit für eine Legislatur als Kreisrat der Freien Wähler
Dunkel wurden die 1980er-Jahre. Die Baukonjunktur stockte, die Krise war nicht zu vermeiden; die Baufirmen Briegel, Laufer und Kurz & Gaiser hielten dem Niedergang nicht stand.
Dann Mitte der 1980er-Jahre der finanzielle Knall: auch die Seemann-Firmen in der Krise, damals mit fast 500 Mitarbeitern.
Ein auf zwei Jahre angesetzter Sparkurs bei nur 260 Mitarbeitern konnte das Unternehmen nicht retten. Die Banken gaben keine Kredite mehr. Seemann wurde insolvent.
Noch ein Versuch sollte den verschuldeten Seemann-Baukonzerns retten: der Stadt bot man im September 1986 ein Grundstück in Schwenningen für 6,5 Millionen Mark an, doch der Gemeinderat lehnte ab.
Am 18. September 1986 musste Bernhard Seemann der Belegschaft das Ende des Baubetriebs verkünden.
Der Untergang des größten Villinger Bauunternehmens hatte die Gemüter sehr bewegt, auch ihren Chef Bernhard Seemann. Der Verlust des Unternehmens und der Arbeitsplätze hatte ihn zutiefst getroffen. Ein dunkles Kapitel in seinem Leben.
Doch der Unternehmer hat sich beruflich neu aufgestellt. Er gründete die Firma Immo Südwest: Projektentwicklung und Vermittlung von gewerblichen Grundstücken ein.
Mit Erfolgen auch auf dem Schweizer Markt für Filialunternehmen Aldi, Rewe oder Bauhaus. Mehrere Jahre an seiner Seite arbeitete auch Tochter Sybille Seemann. Erst 2023 mit 88 hat sich Bernhard Seemann aus dem Geschäftsleben zurückgezogen.
Die Familie gab und gibt ihm wichtigen Rückhalt, zu allen Zeiten: an erster Stelle seine Frau Herta, mit der er seit 1958 verheiratet ist. Beide feierten 2018 ihre Diamantene Hochzeit. Dass er als Villinger eine Schwenningerin geheiratet hatte, brachte ihm zwar einige Ironie ein, doch betonte Bernhard immer wieder, dass sie sein Lebensglück war.
So haben die Familie – die Töchter Marion und Sybille und der Enkel Sascha – und die Arbeit Bernhard vital gehalten; auch der Freundeskreis und der ehemalige XA-Club, die Xundheits-Apostel.
Er spielte Tennis und Squash, war Hobbyfußballer, ging wandern und schwimmen und Skifahren. Heute hält er sich mit Gymnastik und Spaziergängen in Bewegung.