Höchste Zeit für Springerle

Hans Amann und das Koster-Model von 1600

Eines der Model, das wohl einst Hans Amann für die Äbtissin Apollonia Moser vor 1600 schuf

Zu schön, um hart zu sein – Traditionelles Weihnachtsgebäck von heimlichen Profis

Es gibt weltlich-royale Titel, deren Trägerinnen sich in ihrem Metier bestens auskennen: die Weinkönigin, die für Schinken,  Rosen- oder Spargel, von denen einige auch Mitglied sind im Verband „Deutsche Königinnen“ e.V. Witzenhausen. Längst aber gibt es aus rein lokaler und alemannischer Sicht auch  die „Springerle-Königin“.

„Springerle“ zählen zum traditionellen Festtags-Gebäck aus einem Anis-Eierschaum-Teig, der einst zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten und später auch zu Hochzeit oder zur Taufe mit jeweils passenden Motiven gebacken wurde.

Wie die Spekulatius gehören  ‚Springerle‘ zum „Bildgebäck“ und sind auch in Österreich, der Schweiz, im Elsass und in Ungarn bekannt.

Die alemannische Verniedlichung ‚Springerle‘ stammt nun wohl nicht vom ehemals beliebten Motiv, eines ‚Spring-Reiters‘, sondern eher vom ‚Aufspringen‘, wenn der Teig auf die doppelte Höhe wächst und sich „e Fieäßle bildet“.

Back-Bildformen dieser Art gibt es seit dem Mittelalter, die als vertiefte Negativ-‚Modeln‘ aus Stein, Metall, Keramik oder Holz, geschaffen wurden. Eine  Volkskunst, wie sie auch in Villingen von dem aus Ulm stammenden Künstler Hans Amann bis 1600 geschaffen wurden und der auch ein inzwischen museales Stück für die Villinger Äbtissin Apollonia Moser schnitzte.

Lieblingsmodel in der Südstadt- Königsklasse: der Dukatenscheißer

Verweltlicht wurden die Springerle und ihre Motive im  17. und 18. Jahrhundert, als heraldische Motive zu Glück, Liebe und Fruchtbarkeit beliebt waren: modisch gekleidete Damen, prächtig geschmückte Reiter, Liebeskutschen, Fruchtbarkeits- und Liebes-Symbole.

Warum aber trauen sich nicht alle Backfreundinnen an Springerle ran? Wohl deshalb, weil das traditionelle alemannische Weihnachtsgebäck oft auch misslingt.

Doch gelingen manche Exemplare – je nach Model – so schön, dass man sich kaum traut, diese zu essen.

 

Ein Spingerle-Rezept

500 g feiner Zucker, 4 Eier, 500 gesiebtes Mehl; 3 g Hirschhornsalz, die abgeriebene Schale einer Zitrone, 1 TL Aniskörner, Kirschwasser bei Bedarf; alle Zutaten in Zimmertemperatur.

Zubereitung: Zucker und Eier schaumig rühren. Hirschhornsalz, Zitronenschale und gesiebtes Mehl dazugeben. Der Teig darf weder kleben noch zu trocken sein, die Oberfläche sollte sich seidig anfühlen.

Den Teig mit Alufolie abdecken und eine Stunde kalt stellen. Um den Geschmack zu steigern, den Teig in ein mit Kirschwasser befeuchtetes Tuch einschlagen.

Danach den Teig vierteln und mit knapp einem Zentimeter Dicke auf Mehl ausrollen, ohne das er an der Unterlage kleben bleibt. Die Oberfläche mit Mehl bestäuben und dann das ebenfalls leicht be-mehlte Model fest eindrücken und abheben.

Die Springerle ausstechen und auf das Backblech mit Backpapier legenb, das mit Anis bestreut ist.

Die Springerle bei mäßiger Wärme an einem zugfreien Ort ein bis zwei Tage trocknen lassen.

Vor dem Backen das Mehl von der Oberfläche abpinseln. Für die „Füßle“  der Springerle werden sie einzeln abgehoben und ihre Unterseite mit Wasser bestrichen. Dann bei 150° Ober- und Unterhitze 15 bis18 lang Minuten backen. Springerle kühl und in Blechdosen aufbewahren.

Vieles gehe beim Springerle-Backen dann aber auch nach Gefühl: so darf der Teig nicht zu bröselig, aber auch nicht zu feucht sein und das Mehl muss immer gesiebt sein, um zum Erfolg zu kommen. Und mit Hetze geht beim Springerle-Backen schon gar nichts.

Das Springerle-Backen wird also auch ein Abenteuer: zu bröselig der Teig, der in den Backformen nicht hält, oder sich die typischen „Füßchen“ nicht bilden.

Letztlich sind aber Springerle nicht fürs Museum gedacht, sondern zum Genuss. Das geht mit Kaffee oder Tee genauso gut wie mit Rotwein…

 

 

 

 Königsklasse: Springerle so groß wie ein Bierdeckel.

 

 

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