Jungkaufleute 1948/49 – Schuljahr und Prüfungen erstmals ungestört seit 1939

Die Kriegsjahre bis 1945  verursachten Schüler-Schwächen

Wenn im September 2019 die einst starken Villinger Geburtsjahrgänge 1948/49 mit ehemals 120 Buben und Mädchen ihre 70-er Feier abhalten, sind es auch sieben Jahrzehnte, dass die ersten Jungkaufleute als Nachkriegs-Jahrgang 48/49 ihren fast ungestörten Abschluss an der Villinger Handelsschule machten.

Bereits 12 Jahre zuvor hatte die Schule zur Wiederkehr des Todestages von Saba-Gründer  Hermann Schwer durch Erlass des Ministeriums für Kultur und Unterricht den Namen „Herman-Schwer-Handelsschule und Höhere Handelsschule“ erhalten, was daran erinnern sollte, was Villingens „hoch verdienter Mann“ für die lokale industrielle Entwicklung seit 1919 getan hatte. Doch nur für wenige Jahre blieb der Personenname der Berufsschule, weil man bis 1945 bei der Saba auch Zwangsarbeiter beschäftigt hatte, was historisch zur Belastung wurde.
Von allem unbelastet die Zeit danach, in der die angehenden Kaufleute samt ihren Lehrern als Untermieter bei der Oberschule, dem heutigen Romäus-Gymnasium untergebracht waren.
Jene Zeit auch, für die der Schulleiter zum Schuljahresende 1949 feststellen wird, dass besonders die schulischen Leistungen der männlichen Schulbesucher „mangels Hausfleiß“ schlecht waren.
Seinen behördlich erwarteten Jahresbericht verfasste Schulleiter Josef „Netze“ Netzhammer als neuer ‘Direktor‘ dann für den Festakt am 30. Juli 1949:
„Bei insgesamt 200 Schülern der Berufsschule und der höheren Handelsschule konnten wir im Januar 1949 auch eine Bankfachklasse mit sechs Mädchen und 12 Jungs bilden, die ihre Lehre an den Bankplätzen Villingen, Rottweil und Tuttlingen machen. Der Gesamtzustand von Schülern und Lehrern ist befriedigend, so Netzhammer, auch wegen der besseren Ernährung und beeinflusst von der Währungsreform im Juni 1948. Kläglich  ist nur der missliche Bestand von zwei Schreibmaschinen und die Tatsache, dass auch der Koch-Unterricht nicht stattfand, weil man die Kapazität für die Schülerspeisung und die Flüchtlingsfürsorge benötigte.  Doch Sport und Turnen kamen nicht zu kurz“.
Lothar Schill Anfang der 60er Jahre: der einst als Oberzahlmeister der Wehrmacht „dem Vaterland diente“ unterrichtet als junger Studienrat auch Turnen und Sport, wurde Oberstudiendirektor und Schulkleiter und verehrte den „Vater der Volkswirtschaft“ Adam Smith.
Also wöchentliches Antreten bei Studienrat Lothar Schill in der Turnhalle des Gymnasiums.
Josef Netzhammer erinnerte auch an den kalten Villinger Winter 48/49 am wohl kältesten Ort in Deutschland. Doch nicht nur deswegen hatte bei den Jungkaufleuten auch „die Konzentration und der seelische Schwung abgenommen“ was den Kriegsjahren geschuldet sei, während denen man „hinter den Fahnen und Trommeln“ marschierte.
Netzhammer: Schulzeit nicht nur erfreulich!
„ …das Schuljahr 1948/49 war seit 1939 das erste, welches wieder ungestört durch Krieg,, Not, Hunger, Kälte, Lehrer und Raummangel verlief“, so Netzhammer im Juli 1949. „Denn durch den Währungsschnitt im Juni 1948 kam es über uns wie im ‚Tischlein deck‘ dich‘: mit Papier, Heften, Stiften, Büchern und Mobiliar, wenn auch ohne Schreibmaschinen.“ Netzhammer hoffte auch“ auf Ersatz der Küchenräume, weil man allgemein klage, dass Mädchen zwar gut seien in Verwaltung und Wirtschaft, sich aber oft in der Ehe als schlechte Hausfrauen erweisen. Immer noch bedeutet auch die Tatsache, dass Villingen Garnisonsstadt ist, eine Gefahr für unsere Mädchen. Immer wieder werde versucht, das Tanz-und Rauchverbot zu umgehen und den Verkehr mit den Soldaten dadurch zu ermöglichen, dass die Mädchen ihr Alter falsch angeben oder sie bei Ermittlungen ihren Namen verschweigen… Ist es doch auch kein Zustand, dass Mädchen von Soldaten begleitet ins Wirtshaus gehen, dort tanzen bis in die späte Nacht und in oft fragwürdigem Zustand nach Haue begleitet werden.
Netzhammer schließt mit dem  heftigen Goethe-Wort:
“Schulzeit ist nicht durchweg eine erfreuliche Zeit“,
weshalb des Denkers Spruch gelte
„Wer nicht geschunden wurde, ist auch nicht erzogen!“
Offizielle Gäste der Schlussfeier 1949 um „1/2 10 Uhr“ im ehemaligen „Waldschlössle“ am Eisweiher waren Landrat Josef Astfäller, Bürgermeiste Julius Nägele und Capitaine Mortier, der französische Unterrichtsoffizier.

 

BU
Schill bei einem Lehrer-Ausflug in den 60eren…
Schill mit Schülern des Abi-Jahrgangs 1967 im Neubau der Wirtschaftsoberschule an der Herdstraße.
Einst Hermann-Schwer-Handelsschule wegen der Verdienste des Saba-Gründers seit 1919, doch schließlich galt die Geschichte der  Saba bis 1945 durch beschäftigte Zwangsarbeiter als belastet…

 

 

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