Betrachtet man den Brückenheiligen historisch, gilt seine Haltung als deutlich beschwert, seine Miene eher leidend. Ein Geistlicher, der wegen der Pflicht, sein Beicht-geheimnisses zu wahren, zu Tode kam. Stand sein Denkmal, das an zahllosen Orten gleichermaßen verehrt wird, zunächst ab 1711 nahe am Marktplatz, steht es längst deutlich im Abseits, aber nicht vergessen. Vergessen jedoch, dass der einstige Blume-Wirt Baron Grechtler noch einen Nepomuk-Altar und eine namensgleiche Kapelle stiftete.
Akut nun fällt dem Betrachter auf, dass der Nepomuk am Sägebach nun doch auch optisch leidet: Flechten überziehen Gesicht und Hände, ebenso das Kruzifix in seinen Armen, und auch sein kirchliches Gewand ist deutlich verschmutzt. Ein Belag in Grünfärbung, der mit er Zeit dadurch entsteht, dass sich mikroskopisch kleine Grünalgen (Chlorella oder Trentepohlia), auf feuchten, lichtreichen Oberflächen ansiedeln. Doch wer hilft und heilt den Brücken-Heiligen?
Eine lokale Frage, die auch für das Bildnis mit Kreuzigungsgruppe am Riettor offen ist.
Es waren die 50er- und frühen 60er-Jahre, als die Buben des Wohnquartiers „Westbahnhof“ ihre Abenteuerlust zur Freizeit am Sägebach zwischen ‚Säge Beha‘ und ‚Säge Storz‘ auslebten. Stets stumm beobachtet vom Brücken-Heiligen Nepomuk an der Ecke Schillerstraße/Martin-Luther-Straße/Goethestraße.

Dass nach dem Nepomuk am ortsbekannten Sägebach auch noch eine Straße benannt wurde, war nicht immer so, denn sein Platz war ursprünglich die obere Niedere Straße, wo er ab 1711 die Bürger an die Wasser-Belagerung von 1634 durch die Schweden erinnern sollte.
Den Auftrag dazu hatte der Bildhauer und „Lilie“-Wirt Johann Schupp ohne Wissen des Rates der Stadt vom öster-reichischen Gesandten in der Schweiz, Graf Franz Ehrenreich von Trautmannsdorf bekommen.
Der Habsburger Gefolgsmann war ein glühender Verehrer des Heiligen, der den Villingern ein langlebiges Geschenk „für ihre wackere Haltung während der Belagerungen durch Villars und Tallard“ im Jahre 1704 machen wollte. Gleichzeitig als Erinnerung an die schwedischen Belagerer die 1634 „die Villinger ersäufen wollten“.
Der Brückenheilige
Über Johannes Nepomuk, den späteren Brücken-Heiligen, berichten Chronisten, wohl deutlich verklärt, dass er von König Wenzels Gemahlin zu deren Beichtvater erwählt wurde, worauf ihn der König aufforderte, das Beichtgeheimnis zu brechen. Doch Nepomuk weigerte sich, was ihm Folter einbrachte und man ihn in der Moldau ertränkte.
Auf wundersame Weise sei die Moldau an der Selle ausgetrocknet, und als auch der Königin traumhaft fünf Sterne erschienen, wurde das Opfer geborgen und beigesetzt.
Noch heute markiert eine Marmorplatte an der Karlsbrücke in Prag den angeblichen Fundort. Doch hält sich auch die „historisch richtigere“ Legende, dass man Johannes im Streit zwischen König Wenzel und dem Prager Erzbischof Jenzenstein am 20. März 1393 gefangen nahm, ihn folterte, der König ihn selbst mit Pechfackeln durch die Straßen schleifen ließ und man ihn in der Moldau ertränkte.
Der Villinger Magistrat bedankte sich dann im Jahre 1711 auch artig für die Nepomuk-Statue beim höfischen Gesandten, als diese schließlich nur 50 Schritte vom Marktplatz entfernt erstellt worden war.
Nur wenige Jahre später begehrte im Januar 1726 der gelernter Metzger und Kaufmannsdiener Hans-Georg Grechtler aus Kippenheim das örtliche Bürgerrecht, der „des Bürgermeister Ganser Jungfrau Tochter zu heiraten gedachte“.
Grechtler hatte darauf unglaubliches Fortune in der Stadt. Er kauft 1729 den Gasthof „Blume“, lässt dort Spielleut‘ zum Tanze auftreten, was ihm allerdings mehrfach eine Geldstrafe einbringt. Er wird reich, sehr reich mit landwirtschaftlicher Produktion und für durchziehenden kaiserlichen Truppen als deren Proviant-Kommissar.
1737 stiftet er mit seinem Partner, dem Handelsmann Gottlieb Schubart, 162 Gulden für einen Nepomuk-Altar, und als er auch noch Baron und k.u.k Reichs-Freiherr wurde, ließ er 1750 sogar eine Nepomuk-Kapelle vor dem Oberen Tor bauen.
Diesem Kirchlein waren jedoch nur 60 Jahre Bestand beschieden, bis der sakrale Bau 1840 entweiht und abgebrochen war und das Gelände zur Ziegelhütte wurde.
Abgerissen hatte man bereits 1827 das Kaufhaus mit Tanzlaube mitten auf der Oberen Straße und in jenen Tagen auch die Nepomuk-Statue für unbestimmte Zeit „versteckt“.
Bis 1833 der Müller Dominikus Kaiser die Statue vor seiner Langen-Mühle am heutigen Platz hat wieder errichten lassen; eingemeißelt in der Stele ein Poem des Dirigenten der ersten Stadtmusik, dem Chorregenten Fidelis „Fidel“ Dürr, das die politische Haltung konservativer Kreise spiegelt.
So wurde seit alters her die Statue auch von den Besitzern der „Langen Mühle“, den Familien Beha, behütet, wurde mehrfach erneuert: 1864, 1898, 1957, 1973 und schließlich 2009 durch die großzügige Zusage der Senior-Chefin Hannelore Beha.
Bis heute sind es immer wieder Anwohner am „Westbahnhof“, die den Brückenheiligen am Sägebach mit Blumen schmücken, was manchem Passanten auch ein Zeichen für lokale Geschichte und Andacht vermittelt.