Städtische Sammlung 1870 – Fidel Hirt bewahrt die Vergangenheit:

Schlosser Fidelis „Fidel“ Hirt rettete historische Güter – Aus eigener Tasche Antikes zur Stadtgeschichte aufgekauft

Alles begann noch vor 1869 mit Fidelis „Fidel“ Hirt, dem Schlosser. Er bewohnte zwei Räume des Alten Rathauses und hatte den alten Bau und die darin befindlichen „bürgerlichen Gefängnisse“ zu betreuen.

Seinetwegen sowie wegen der Ratsbeschlüsse jener Zeit kann sich seither die Stadt rühmen, „über ein bedeutendes Museum mit wertvollen kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen samt einem umfangreichen und geordneten Archiv zu verfügen“, so der frühere Oberforstdirektor Ulrich Rodenwaldt 1990.

Fidel Hirt, ein Mann, der ganz sicher nicht mit Glücksgütern gesegnet war, hatte wohl ein warmes Herzu für seine Vaterstadt und deren Geschichte. So suchte er zu jener Zeit im Alten Rathaus, in den Tortürmen und städtischen Gebäuden nach alten Stücken, und er fand sie: Folterwerkzeuge, wie Streckbank, Schandmantel oder Halseisen.

Info

Ferdinand Förderer, Buchhändler, Herausgeber der Zeitung „Der Schwarzwälder“, Gemeinderat und Mit-Begründer der Altertümersammlung von 1876.

 

Ferdinand Förderer (1807-1891), (Bild) Buchhändler und Herausgeber der Zeitung „Der Schwarzwälder“, schreibt 1876 zum kleinen Altertümer-Katalog:

„Leider ist das Meiste, was über die Stadt und Umgebung Zeugnis geben könnte, der Zeit zum Opfer gefallen. Sehr vieles hat durch Verkauf oder Schacher seinen Weg nach außen genommen, ziert jetzt fremde Sammlungen und Kabinette. Uns ist nur eine kleine Nachlese geblieben.

 

Und aus eigener Tasche lässt er sich wieder herstellen. Sein besonderes Augenmerk gilt auch den alten Zunftzeichen in den Wirtshäusern, zu denen es 1870 auch den Beschluss des Gemeinderats gibt: „Die Schilder sind in Empfang zu nehmen und den Wirten ist darüber ein entsprechendes Revers über das Eigentumsrecht auszustellen.“

 

Ein Faktum, wonach die „arme Stadt damals nur geringer Mittel für historische Zwecke freimachen konnte oder wollte“ und schon auch bei der Bevölkerung nur wenig Sinn herrschet für solcherlei Aufgaben.

Doch für Fidel Hirt‘s Idee gab es sowohl davor schon, wie vor allem zu seiner Zeit, und  danach noch populäre Unterstützer: Johann Nepomuk Schleicher, Ferdinand Förderer, Christian Roder und Johann Nepomuk Oberle, und im 20. Jahrhundert setzte Paul Revellio die Idee fort.

So kam es 1869 auf 1870 erstmals zur Überlegung, im Dachraum des Alten Rathauses ein kleines Kabinett zu erstellen um die von Hirt bislang gesammelten Altertümer und die gesicherten Zunftschilder aufzubewahren.

Fidel Hirt war derart leidenschaftlich geworden, dass er die Folterwerkzeuge aus dunkler Vergangenheit auf eigene Kosten hatte reparieren lassen.

Und Hirt engagiert sich weiter. Aus eigener Tasche kauft er auch „das schöne Richtschwert der Donaueschinger Scharfrichter Familie Seidel“ (Revellio)

Zunfttäfele der Müller und Bäcker in militärischem Look ihrer Zeit im Sinne der Auszaugsordnung bei  Gefahr.

So kam eine kleine, interessanten Sammlung von insgesamt „130 Nummern“ zusammen Da er jedoch „des Geldes sehr notwendig bedürftige war“, bat er 1870 den Gemeinderat, ihm den Ankauf zu Selbstkosten zu gewähren.

Gemeinderat Ferdinand Förderer besichtigte zwar die Sammlung, doch traute sich der Buchhändler selbst in jenen Tagen noch nicht, einen Antrag  über den von Hirt beantragten Ankauf zu stellen.  Doch Hirt erhielt zunächst 39 Gulden und 49 Kreuzer.

Es dauerte jedoch noch weitere drei Jahre, bis 1873 mit der eröffneten Schwarzwald-Bahn auch Tages-Touristen aus der Region in die Stadt kamen und das alte Stadtbild bewunderten.

Und erst jetzt, 1875, treten die Stadträte Förderer und  Stocker dafür ein, dass das Alte Rathaus gerichtet und eine Altertümer-Sammlung installiert werde. Den Grundstock solle also die bislang „kühl betrachtete Sammlung Hirt“ bilden. Auch baten sie die Bevölkerung, den Plan mit Blick auf die bevorstehende Industrie-Ausstellung im Jahre 1876 zu unterstützen.

Und so wurde ab Ende 1875 realisiert, was geplant war:

Errichtung eines Altertümer-Kabinetts unter Anleitung von Baumeister Kaiser.

Noch rasch wurde ein Verzeichnis der Gegenstände gedruckt, wobei sich gleich auf Seite 1 ein Fehler einschlich, weil man das verbliebene steinerne Haupt des Kaisers Ferdinand, das einst den Marktbrunnen zierte, mit dem des Maximilian verwechselte.

Das große Publikum, das die Industrieausstellung besuchte, zeigte dann für das „neue“ Kabinett im Alte Rathaus großes Interesse:

„Eintritt für Touristen und Fremde 50 Pfenning und für hiesige Besucher 30 Pfennig.“

Ein spätes Lob auf Fidel Hirt, von dem man kurz vor der Eröffnung noch einmal Altertümer erwarb: für 243 Mark und 25 Pfennig – heute unbezahlbar.

Verzeichnis aus 1875/76 mit Verwechslung des Kaiser-Hauptes von der Brunnenstele am Marktplatz: nicht Maximilian, sondern Ferdinand.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rosenkranz und Bruderschafts-Büchse der Villinger Schuhmacherknechte.

 

 

 

 

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