Apotheker in Villingen – Medikamente vom Barbier oder vom Chyrurgi

Vom frühen Arzneyen – 1767 wird der erste „Stadtapotheker Weisser“ erwähnt – Stadtapotheke 1847 erbaut

Der erste bestallte Apotheker in der alten Stadt Villingen um 1700 hatte es nicht leicht mit seinem „Arzneyen“, denn das durften zuvor und mit ihm auch die Krämer, die Barbiere, die man auch Chyrurgi nannte, ja selbst den Marktschreiern und sogar dem Scharfrichter war dieses Geschäft erlaubt. Und dabei ging es letzteren eigentlich eher darum, sich in der Kunst der „Wundarznei“ zu bewähren, wozu auch das Schröpfen und der Aderlass gehörten, und die Bader und Barbiere der Metzgerzunft angehörten, auch wenn sie nur ungern die Zunftregeln akzeptieren wollten

Eine Zeit also, in der es eher darum ging, nicht die „Interna zu tractieren“  und lediglich und allenfalls ein Gurgelwasser oder ein simples ‚Laxier‘, ein Abführmittel,  „dem Patienten zu verabfolgen“.

Und so waren es zunächst studierte Herren, die als Akademiker und Leibärzte auch der „Sozietät der ehrsamen Müßiggänger“, also der Herrenstube angehörten, und die wie ein Doctor Caspar König 1611 oder ein Doctor Ummenhofer 1655 zum „Stadtmedicus“ wurde.

Sie bekamen als Bürger, wie später die Doctores Claudi und Stenzl (1675), ein Gehalt von 10 Gulden, 10 Klafter oder 40 Ster Holz und 2 Malter Korn.  Die Tatsache, dass sie angestellt und besoldet waren, deutet heute darauf hin, dass sie insbesondere auch die Kranken im Spital und Leprosorium zu betreuen und zu behandeln hatten.

Zähne ziehen. Wegen wohl anhaltend zweifelhafter medizinischer Kenntnisse und Differenzen in Diagnose und Therapie, hatte schließlich der  Rat der Stadt nach „Leib- und Wundärzten“ unterschieden. Die studierten Ärzte galten eben als Mediziner und die Barbiere als Chyrurgi blieben die „Wundärzte“.

Waren doch Barbiere eher „nur“ Handwerker mit bescheidenen medizinischen Kenntnissen, die auch Zähne zogen, und jenen, die man durchaus schon als ‚Internisten‘  bezeichnete.

In diesem Sinne forderte 1768 der Stadt-Physicus Doctor Weiß den Chyrurgi  Hüner auch auf, die „innerliche Curierung“ einzustellen. Doch Hüner wendet ein, dass „ja Säfte und Wässer zu verordnen, den Chyrurgi unverwehrt seien, mithin man Interna curieren dürfe“.

Rezeptur. Und dabei hätte man seit 1692 den lange Zeit anhaltenden Streit zwischen Doctores und Chyrurgis in Sachen Rezeptur und Arznei vermeiden können, weil bereits 1692 ein Johann Georg Mäder, um die Erlaubnis bat, ihn als Chemicus zuzulassen. Nicht als Bürger, sondern nur als Hintersasse, wenn auch mit der Befreiung vom Wachdienst im Falle militärischer Not und eventuellen Angriffen von außen, wie bald wieder 1704 durch die Franzosen.

Seinem Antrag wurde entsprochen, wenn auch nur für ein Jahr und mit hohem Risiko, weil auch Krämer, Ärzte, Barbiere, Marktschreier und Scharfrichter ebenfalls „arzneyen“ durften, indem sie Heilkräuter und Säfte verkauften.

Drogenschrank. Doch schon 1705 beklagte sich der Apotheker, weil die Doctores und die Chyrurgis die Medicamenta nicht von ihm wollten, sondern aus dem eigenen „Drogenschrank“ mixten.

Das führte nun dazu, dass die „V.Ö.-Regierung“ 1709 den Stadt-Physicus  Berger aufforderte, eine ärztliche Gebührenordnung zu bestimmen, um bei den Ärzten deren geringeren Umsatz auszugleichen.

Doch auch umgekehrt wurde 1725 beklagt, dass der Apotheker seine Kunden ärztlich beraten und Heilmittel verabfolgt habe, was dieser damit kontertet, dass man zu ihm ein besonderes Vertrauen habe…

 

Armer Mann. Fünfzig Jahre später (1757) traten weitere Vorwürfe auf, weil „in dahiesiger Apothek verschiedene Waren zum Nachteil des armen Mannes bei zu hohen Preise abgegeben werde“.  Dies hatte bereits 1767 eine Tax-Ordnung zur Folge. Diese benannte, dass die Apotheke „mit all nötig und guten Medicamenten versehen sei“ und man auf Antrag von Apotheke Weisser den „Befehl“ an die Chyrurgi erließ, sie müssen  die benötigen Arzneyen aus der Apotheke verlangen zu jeweils verhandelten Preisen.

Im gleichen Jahr 1767 wird erstmals die „Stadtapotheke“ erwähnt, aus der die Doctores und die Chyrurgie die Medicamenta zu ordern hätten, weil doch auch die Apotheke „ zum Wohl des Publikums in unkläglichem Stand zu unterhalten sein muss“.

Nach 350 Jahren muss man zur Kenntnis nehmen, dass die älteste Apotheke Villingens aufgibt, kein Nachfolger zu finden war und die Pacht zu teuer wurde… und das sanierte Objekt in der dann neuen Fußgängerzone Rietstraße wohl ab 2021 Rendite abwirft….

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