Die Naegeles – Architekten von der Insel

Zahlreiche Bauten in Villingen sind in ihrer Architektur seit Jahrzehnten auffällig. Wohl auch deshalb, weil eine lokale Architekten-Familie seit 125 Jahren die Stadt und einige ihrer prominenten Häuser prägten: das Forsthaus, das Café „Raben“ bis hin zur Hotelfachschule an der Saarlandstraße.

Eine Adaption nach Südkurier Oktober 2022

Somit haben die Architekten der Familie deutliche Spuren hinterlassen und das Stadtbild mit geprägt. Seit vier Generationen setzen und setzten die Naegeles eine Familientradition fort, was seit 1897 dazu führt, dass nun in 2022 das 125. Firmenjubiläum begangen wird.
Die Insel 1 direkt an der Brigach ist Standort der Villa der Naegeles, die 1890 durch Carl Naegele zum Stammsitz wurde. Ein Domizil, das in jener Zeit zwischen Brigach und  einem früheren Gewerbekanal lag

 

Carl Naegele (1873 bis 1952)
schuf das Wohnhaus Insel 1, das Forsthaus Villingen; das Café Raben,  das Fabrikgebäude Saba mit Wohnhaus, das Theater am Ring und das Kaufhaus Boss, später Haux in der Obere Straße 1.

 

 

 

Berthold Naegele sen. (1909 bis 1981) schuf als prominente Beispiele die Kaufmännische Schule an der Herdstraße, die Kirche Bruder Klaus zusammen mit Architekt Foos, das Studentenwohnheim Furtwangen und den Neubau der Hotelfachschule Villingen.

Paul Naegele (* 1940 ) schuf den Kindergarten St. Michael in Villingen; das Kasparhaus „Freizeitheim Schlempen“ in Furtwangen; das Gemeindezentrum Bruder Klaus in Villingen; die erweiterte Hotelfachschule Villingen und auch das  Kreiswehrersatzamt Donaueschingen.

Robert Naegele  (* 1977) steht in der vierten Generation; er sanierte die Klosterringschule in Villingen, den Anbau des Kinder- und Jugendhilfezentrums in Dornhan; den Umbau des Wohnheims in Rottweil.

Als von der Brigach im 19. Jahrhundert ein Gewerbekanal abgezweigt wurde, umschlossen Brigach samt Kanal die Naegele-Villa zu einer Insel, was Jahre später als Miniatur-Zustand zur Landesgartenschau VS durch ein kleines Inselbächle wiederbelebt wurde.

Über die Jahrzehnte setzte man bei den Naegeles man eigentlich nicht darauf, dass die Söhne und Enkel in jedem Fall Architekt werden sollten, auch wenn „glücklich vererbte Eigenschaften wie Kreativität, Kommunikationstalent und mathematisches Verständnis“ inzwischen den langen Erfolg der Familie ausmachten.

Heute sind sich Vater Paul und Sohn Robert jedoch einig, dass Tradition und Fortschritt im Hause bedeutend wurden.
Stammte der Groß- und Ur-Großvater Carl aus noch eher ärmlichen Verhältnissen, verhalf ihm sein zeichnerisches Talent auf der Gewerbeschule, zur Empfehlung, Architektur zu studieren. Finanziell unterstützt  von einem  Onkel in Karlsruhe studierte er also und machte sich danach in seiner Heimatstadt Villingen selbstständig.

Den Stil des Firmengründers erkenne man noch heute, war es doch der Traum des kleinen Bürgers von einem eigenen Schloss, den der Urgroßvater im ästhetischen Stil seiner Zeit ab 1897 umgesetzt habe.
Auch wenn es während der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929  dem Unternehmen sehr schlecht ging, hatte sich Sohn Berthold entschlossen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und in Karlsruhe ebenfalls Architektur zu studieren.
Es folgte ein Gesellschaftervertrag zwischen Vater und Sohn, das Büro gemeinsam zu führen, was sich im baulichen Ergebnis auch beim Theater am Ring aus 1940 und der  Hotelfachschule Villingen darstellt, später noch einmal konzipiert von Paul Naegele.
Paul war sich unentschlossen, das zu studieren, was Vater und Großvater vorlegten. Doch ist er schließlich auch in Karlsruhe bei Architekten gelandet.
Sein Diplom machte Paul Naegele bei Egon Eiermann, dem Erbauer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin und des ehemaligen Bundestages in Bonn.

Nach seinem Abschluss stieg er sofort ins elterliche Unternehmen ein, das er ab 1975 mit seinem Vater führte.
Eine Zeit, in der man sich annäherte und sich auch abgrenzte.

Den eigenen Stil zu finden, gelang Paul in der dritten Generation nach dem Tod des Vaters 1981, was seinen Stil mit der Architektur der Nachkriegsjahre in Villingen prägen sollte und in Gebäuden wie dem Gemeindezentrum Bruder Klaus sichtbar wird.
Nach 42 Jahren hat 2017 dann Robert in der vierten Generation das Büro übernommen, obwohl er zuerst ein Lehramtsstudium für Mathematik und Musik anstrebte.

Er stellte sich jedoch den veränderten Anforderungen des Architektenberufs in der Gegenwart.
Er erklärte dazu „Wir haben mittlerweile eine stark veränderte  Baubranche, in der die Arbeit auf mehr Fachleute verteilt wird und die Planung immer virtueller, dreidimensionaler und für den Kunden dadurch leichter erfassbar wird.“

Schreibe einen Kommentar