Sport-Mauch in der Paradiesgasse

Zwischen Rundfunk und Haserl-Hoserl Wirtschaftswandel (Teil 8)

In den Aufbaujahren ab 1945 zählten einige alte und neue Firmen zu den stadtbekannten vor Ort und in der Region, boten Waren und Dienste an, wechselten ihre Ladenlokal oder den  Standort, es wechselten die Inhaber, man bewarb den Ausverkauf und liquidierte freiwillig oder geriet in den bedingten Konkurs. Andere wahrten ihren Bestand bis heute.

Mit einem Buch-Kollektiv über ihre  Unternehmen stellten sich Firmeninhaber 1964/65 dereinst vor, benannten Leistung und Belegschaft mit kurzer „public relation“ – selbst finanziert. knapp und präzise.

Villingens einstiger OB Severin Kern benannte im Vorwort das Werk als „Kultur-und Wirtschaftschronik“ der Boom-Jahre und als „Urkunde und Kunstwerk“. Ein „Goldenes Buch“, verlegt von Bühn in München, mit historischem Blick auf 1000 Jahre Stadtgeschichte durch den Historiker Paul Revellio (1886 – 1966), mit Portraits einzelner Inhaber, mit Villinger Motiven und ehemaligen Betriebsgebäuden von Gyorgy Jancovics, aus München.

Heute: Sporthaus Mauch Paradiesgasse

Es war die Zeit des ersten Aufschwungs, als nach 1945 gelernte Villinger Kaufleute und -frauen den Schritt in die Selbständigkeit wagten. Ob Modellbau oder Reinigung, Farben, Tapeten, Rundfunk und Elektroware – die Geschäftsideen wurden real.

Wie auch bei Emma Mauch, die nach einem Jahr der Unterpacht im Hotel Sterk, heute Parkhotel, schon 1950 im einstöckigen Flachbau mit langer Fensterfront an der Paradiesgasse ihr Sportgeschäft im Eigentum eröffnete.

Wo einst 1920 der Kamm-Macher Lukas Kern grad ums Eck zur Gerberstraße eine zweistöckige Scheuer mit Stall und Hausgarten gekauft hatte und er bis 1958 auch wohnte, sägte Sohn Julius gegenüber noch Kämme, war „gewitzt und unauffällig“ mit ständig neuen Idee und wurde schlicht “reich“.

Julius Kern, der 1945 von den Franzosen im provisorischen Gefängnis in der Bubenschule eingesperrt wurde, schilderte einem Mitgefangenen noch im Arrest, dass er in der Paradiesgasse ein altes Haus mit Stallung besitze, das er abbrechen lasse, um eine Ladenpassage zu bauen.

Was kam, war der einstöckige Flachbau für Radio-„Pasch“ von Paul Schwiertz, für Sport-Mauch und für das Strumpf- und Miederwarengeschäft Kindler-Sterk.

Grad gegenüber bot der Lebensmittelladen Bicheler seine Waren an.

So war denn auch in der Kleinstadt sportliche Tätigkeit wieder angesagt, was sich in der Nachfrage von Bällen, Kickschuhen, Springseil, Trikots, Badehosen und -anzügen, Federball, Expander, Taucherbrillen, Schwimmflossen, Campingzubehör, Tennisausstattung und Skiern darstellte.

Die Kunden dankten es mit großem Zulauf, denn Sport Mauch war zunächst allein auf dem Markt. Und weil die Umsätze stiegen, war Grund genug, sich über die gute Lauflage zwischen Radio-Paasch am Gerbereck und dem Wäschehaus Kindler-Sterk zu freuen.

Bei Kindler-Sterk, so jüngste Erinnerung eines Krawazi-Buben,  gab es auch die ersten „Haserl-Hoserl“ für junge und jüngste Burschen.

Allen drei Läden war gemeinsam, dass die lange Passage zwischen Goldgrubengasse und Gerberstraße aus großen Schaufenstern bestand, mit großen Puppen und deren jeweils aktueller  Dekoration.

Pikant nebenbei: für die drei Läden gab es nur eine gemeinsame Toilette; grad ums Eck zur Goldgrubengasse. Gleich daneben die Werkstatt vom Malermeister Weiler.

Doch nicht alles ist von anhaltender Dauer, und so vermischen sich Erinnerung und Nostalgie zur Frage, wann weitere Anbieter mit Sportartikeln nachrückten, Sport-Werner, Sport-Fehlinger oder ZK-Sport im Kaufhaus am Riettor, und wann schließlich für Sport-Mauch die Chancen gänzlich schwanden.

Der einstige Flachbau ist längst Geschichte, dem Abriss und dem Neubau um 1983 folgten Käsegalerie, Optiker, Apotheke und Arztpraxen.

 

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