Vom ‚Hochgericht‘, dem Malefiz-Glöcklein und den Hexen

Aus  Villingens schlimmster Vorzeit – Vom Riettor gen Westen: der Schreckensweg 

Bescheidens Gedenken an die Richtstätte beim Hochgericht, wo noch ein Stumpf des ehemaligen drei-säuligen Galgens aus dem Grün ragt. Die Gedenktafel wurde 2000 von den Sportgemeinschaften der Pfarrei St. Konrad gestiftet.

Wer in unseren Tagen ganz ohne Eile vom Riettor aus gen Westen die Vöhrenbacher Straße hochstapft und entlang des nördlichen Hubenloch den Baumbestand schätzt, der kommt gleich nach der Tankstelle auf dem Dattenberg dann weiter zu einer dichten Allee, die ihn gegen den Friedengrund oder die Hammerhalde führt.

Doch der Spaziergänger weiß kaum dass er auf einer Strecke unterwegs ist, die in früheren Jahrhunderten für zu viele Personen ein wahrer Schreckensweg war:  vom Kaufhaus auf der Oberen Straße wohl eher zufällig um die 1444 Meter bis zu jener makabren Stelle, die heute von einem eher bescheidenen Gedenkstein markiert ist.

 

Denn hier stand das todbringende  „Werkzeug“ ehemals gröbster Justiz, die man sich lieber nicht in deren Vollzug vorstellt: der Galgen gleich dort „beim Hochgericht“, aus drei Säulen mit Querbalken erstellt im Jahre 1501

Spielte nach den Gerichturteilen eine besondere Rolle: der Balkon am Kaufhaus, von wo mit dem Klang des Malefiz-Glöckleins das Todesurteil ‚public‘ verlesen wurden.

Eigentlich eine makabre Ortsangabe, die aus jener Zeit stammt, die als „Finsternis des Mittelalters gilt“: die Rechtspflege ist pervertiert. Wer selbst wegen eines kleinen Vergehens an den Pranger gestellt wird, wird mit stumpfem Vergnügen der Bevölkerung beglotzt.

Die wenigen hundert Städter scheuen sich nicht, grausame, rohe und grobe Handlungen auf zweifelhafte Entscheidung des Stadtgerichts als Unterhaltung auf dem Marktplatz oder eben auf dem Richtplatz zu betrachten.

Dabei fällt es schwer, eine widerwärtig Besonderheit verstehen zu wollen, weil allzu oft ein ‚auffällig Weib‘ des frühen Mittelalters oder noch bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts als Hexe und als „verantwortlich für den Sündenfall“ galt. Und deswegen spielte auch in Villingen das Gewann ‚Hochgericht‘ eine besondere Rolle.

 

Hinaus zum Riettor und hoch entlang der alten Vöhrenbacherstraße führte der Weg vorbei am Galgen beim Abzweig zur heutigen Kirnacherstraße und weiter zum Hochgericht, gleich neben dem städtischen ‚Holzplatz‘, und wohl für keinen der Beteiligten ein friedvoller Gang.

Kupferstich eines unbekannten Stechers auf die Szenen der Belagerung 1704: detailgetreu auch der Galgen an der Wegkreuzung gen Unterkirnach…

Wer sich nämlich diesem Weg zu ergeben hatte oder auf dem Karren zum Hochgericht gefahren wurde, der war ‚Malefiz‘ oder ‚Maleficant‘ und Delinquent zugleich. All zu oft der Hexerei beschuldigt und vermeintlich mit dem Teufel im Bunde.

 

Auch Straftaten wie Mord, Raub oder Diebstahl wurden vor weltlichen Gerichten verhandelt, meist mit Verhören vor vier oder sieben Richtern, die keineswegs die Juristerei studiert hatten, sondern aus dem Kreis der Patrizier, den Zünften oder der Bürgerschaft gewählt wurden. Dass in den Jahren 1640 und 1641gar die Hexenverfolgung ihren Höhepunkt hatte, macht das Grauen deutlich, indem in zwei Jahren 24 Menschen wegen dieses Vorwurfs gerichtet wurden.

 

Konnten zuvor ernste  Befragungen den Tatbestand nicht klären, ordnete der Rat eine peinliche Befragung an, was stets auch Folter bedeutete.

Das Urteil wurde schließlich vom Balkönchen des Kornhauses mit dessen Tanz- und Gerichtslaube ‚public‘ verlesen, worauf man 1683 auch einen Josef  F. , der im „Ochsen“ den Adam Ganter mit einem Dolch erstochen hatte, zum Hochgericht führte, wo die ‚Execution justifizieret‘ wurde.

Schwer mutet einem heute an, dass der Scharfrichter, wie nebenbei, mit dem weltlichen Amt des Klee-und Wasenmeisters verbunden war.

Stadtansicht aus 1607 von Anton Berin, auf der der Galgen am Hochgericht deutlich erkennbar ist.

 

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