Café Central – einst pompöse Adresse

Schachspiel auf hohem Niveau  – Erstes Speise-Eis und feine Seife begeisterte die Mädchen

Wo ab 1927 mit Schuhen gehandelt wurde, nämlich beim ‚Salamander‘ oder genauer beim Schuhhaus Häsler, war zuvor das „Café Central“. Ein ehemals ‚pompöses‘ Café mit Konditorei, das zunächst einem Markus Späth gehörte, der in späteren Jahren von 1927 bis 1942 auch Wirt der „Blume-Post“ war. Die Attraktion für die Villinger Bevölkerung war damals neben der Confiserie auch das für Villingen erste Speise-Eis, womit sich das „Central“ auch als erstes Eiscafe am Platz angepriesen hatte.

Galt einst als pompös: das Cafe Central, wo gegenüber ab 1907 und dann ab 1927 Häsler- und später Lurchis Salamender-Schuhe verkauft wurden.

Als das Gebäude im Jahre 1912 einem Brand zum Opfer fiel, schuf die Baufirma Kistenfeger die Fassade im Jugendstil, wobei in der Recherche unklar blieb, ob tatsächlich auch die „Riegeler-Brauerei“ vom Kaiserstuhl als finanzstarker Bauherr aufgetreten war.

Wie aus Zeitungsnotizen um 1905 über die Belebung des Cafés hervorgeht, waren es auch zahlreiche Schachspieler, die damals einen Schachlub gegründet hatten.
Als Gründungsvorstand wird der Bank-Assistent Münch genannt, als Stellvertreter Post-Assistent Westenberger; weitere Mitglieder waren der Weinhändler Effinger, Lokführer Josef Hirt, Diplomkaufmann Josef Honold, Kaufmann Gustav Killy, Dr. Fritz Mayer und die beiden Schwenninger Uhrmacher Stähle und Wiedemann. Unter dem nachfolgenden Vorsitzenden Minnich verkehrte man dann häufig im ‚Café Späth’oder eben dem ‚Central‘,  weil es ganz zentral in der Niederen Straße lag.

Magistrale und totale Niedere Straße mit dem Cafe Central (rechts neben dem Zifferblatt der Uhr).

Eine Zeit, in der sich die Mannsbilder Villingens am Sonntagnachmittag aber auch zum königlichen Spiel im „Falken“ in der Rietstraße einfanden.
Man schätzte dabei aber eher die gesellige Partie und nicht so sehr das scharfe Turnierspiel, denn es kam in jener Zeit kaum zu Wettspielen gegen auswärtige Clubs.

Schach- Weltmeisterschaft 1934 auch in Villingen

Die Schachweltmeisterschaft 1934 war der 14. Zweikampf um den Titel des Weltmeisters im Schach. Sie fand als Rückkampf der Schachweltmeisterschaft 1929 vom 1. April bis 14. Juni 1934 in zwölf deutschen Städten statt. Titelverteidiger Alexander Aljechin besiegte Efim Bogoljubow mit 8 zu 3 Siegen bei 15 Remis-Partien. Das Match war ursprünglich auf das beste Ergebnis aus 30 Partien sowie sechs Siege angelegt, wobei Aljechin beim Stand von 15:15 seinen Titel behalten sollte. Nach 26 Partien befand er sich bereits uneinholbar in Führung, womit das Duell entschieden war.

Nach Bogoljubow wurde eine Schach-Eröffnung benannt: die Bogoljubow-Indische Verteidigung:
1.d2-d4 Sg8-f6 2.c2-c4 e7-e6 3.Sg1-f3 Lf8-b4+.
Auch eine Variante im schottischen Vierspringer-Spiel (1. e2-e4 e7-e5 2. Sg1-f3 Sb8-c6 3.Sb1-c3 Sg8-f6 4. d2-d4 Lf8-b4) wurde als Morphy-Bogoljubow-Variante benannt.

Pompös. Auf das Ende des ersten Weltkriegs kam 1919 das Clubleben wieder stärker auf und man war dem Schachspiel wieder leidenschaftlich zugeneigt. Mitte der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts war das ‚pompöse‘ Café Central weiterhin der niveauvolle Treffpunkt für Villingens Elite unter den Schachspielern.

 

Spieler wie die Lok-Führer Josef Hirt und Wilhelm Keller,
H. Ketterer, H. Bopp, Rechtsanwalt Schloß, Bankdirektor Münnich und auch ein Dr. Podel waren die treuen Seelen des Vereins und garantierten in den dreißiger Jahren den Grundstock für ein erfolgreiches Clubleben ohne gesellschaftliche Unterschiede.

Allesamt korrekte, aber wohl auch gestrenge, ja patriarchisch auftretende Mannsbilder, die dann meist auch häuslich und familiär keinen Zweifel ließen, wer der Herr im Hause sei, weil sie eben damals meist allein das Haushaltsgeld verdienten.

Da schmeckte dem Ober-Lokführer der Ruländer zur Schachpatie, wenn er auch an eine Limonade für die ihn begleitende Tochter eher nicht dachte. Die aber ging gerne aus ganz anderem Grund gerne mit ins „Central“.
Wie sich die damals wohl zehnjährige Tochter Luise (* 1917-2016) des Wilhelm Keller einst gut erinnerte, ging sie eigentlich aus ‚kosmetischen Gründen‘ mit: „Denn nirgendwo in der Stadt roch die Cafe-Haus-Toiletten-Seife stärker nach 1000 und 1 Nacht als im Cafe Central….!“

Deutsch-russischer Großmeister und Berufsspieler: Efim Dmitrievič Bogoljubow (*1889 – 1952). Im April 1934 spielte er an zwei Tagen zwei WM-Turnier-Spiele in der „Blume Post“ als Herausforderer von Alexander Aljechin. Beide spielen zuvor und danach in vielen anderen Städten.

Reichsmark. Wenig später waren es jene Passionisten des königlichen Spiels, die sich in jener Zeit auch schon mal für eine Reichsmark ein Spiel gegen den damaligen deutsch-russischen Großmeister Efim Dmitrievič Bogoljubow (*1889 – 1952) leisteten, wenn der Berufsspieler „Bogo“- wohnhaft in Triberg – mal wieder bis zu zwei Dutzend Simultan-Partien gegen die Freunde des  lokalen Schachclubs anbot . Und er diese meist auch gewann.
Bis auf jene eine, die sich Keller und Bopp gemeinsam für jeweils 50 Reichspfennige leisteten und sie – der Erzählungen nach – die Partie mit „matt“ gewannen.

 

Rechtsanwalt Bernhard Schloß mit Familie: er wurde 1930 Vorstand der Schachspieler und saß als jüdischer Mitbürger bis 1933 auch im Bürger-Ausschuss.

Vorstand. Im Jahre 1930 wurde Rechtsanwalt Bernhard Schloß 1930 Vorstand des Schachclubs, der von 1909 an Mitglied im Bürger-Ausschuss und somit Stadtverordneter war. Als jüdischer Mitbürger wurde er noch 1932 bei der letzten Wahl vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten gewählt und hat in dieser Funktion vielfach für die Demokraten im Gemeinderat Stellung bezogen.

Lange zuvor bei der Wahl 1912 war er Spitzenkandidat auf einer der Listen der Fortschrittlichen Volkspartei. Doch schon im Jahr 1925 wurde ihm vorgworfen, er sei beim Verbandstag des Landesverbandes Südmark des Deutschnationalen Jugendbundes an gewalttätigen Gegendemonstrationen beteiligt gewesen.
Im folgenden Strafverfahren verurteilte man ihn wegen erschwertem Landfriedensbruch zu sechs Monate Gefängnis auf Bewährung.

Weltmeister. Damaliger Höhepunkt im Villinger Schach-Leben war das große Turnier von 1934, für das die vierte und fünfte Partie des Weltmeisterschafts-Kampfes  zwischen Dr. Alexander Aljechin und  dem Großmeister Bogoljubow im April 1934 in der „Blume Post“ ausgetragen wurden.

Nach 1945 war erstaunlich, welche große Zahl von Schachfreunden sich 1946 im Gasthaus „Schlößle“ trafen, um den Verein erneut zu gründen.
Erster Vorsitzender wurde Gustl Ruppert, der jedoch nicht verhindern konnte, dass anfangs der fünfziger Jahre die Zahl der Schachspieler auf zwanzig sank.

Mit Leopold Bächle, der wieder nach Villingen zurückkam, wehte dann über den Schachbrettern ein frischer Wind. Heinz Ritter, der schon früher Vorsitzender war, übernahm 1953 erneut die Vereinsführung.

Es gelang den Villingern, sich im badischen Schachverband wieder einen guten Namen zu verschaffen. Bei nur einer Ausnahme blieben die Mannschafts-Meisterschaften des Bezirks Schwarzwald stets in Villingen.

Nach dem Tod von Heinz Ritter im Jahr 1964 übernahmen Hans Schwarz und Hans Schneider die Führung des Villinger Schachclubs. Doch die  freundschaftlichen Begegnungen wurden weniger, weil die angesetzten Verbands-Spiele, oft mit weiten Reisen verbunden waren und den Club belasteten.

Wie in anderen Schachclubs auch nahm statt der Turniere das Blitzschach zu. In Villingen spielten der Chronik nach eine ganze Reihe hervorragender „Blitzer“. Stets vorne mit dabei Walter Jock, Heinz Weber, Leopold Bächle, Günter Schneckenburger, Heinz Gerstenberger und Norbert Borgmann.

Na dann gilt wohl bis heute: Weiß zieht und gewinnt…!

 

 

 

Schreibe einen Kommentar