Der Aussichtsturm (III)

1888  ließen einflussreiche Genossen einen Thurm bauen  – Böllerschüsse, Frühschoppen, ein Thurm und Gottes Allmacht

Ein Spektakel sollte es werden, wenn am 16. September 1888 der lange Lulatsch auf der Wannen-höhe eingeweiht wird.

Irgendwie waren die behördlichen Stellen 1888 vom Plan und dem Bau eines Thurmes auf der Wannenhöhe wohl ein wenig überrascht und damit auch überfordert worden. Wie anders ist zu verstehen, dass der Sachverständige im Sommer 1888 dem Bezirksamt nur mündlich zu Protokoll gab: Der Villinger Aussichtsturm kann von 50 Personen zugleich bestiegen werden. 

Den Initiatoren und Bauherren der Turmbau-Genossenschaft genügte dies aber, um für den 16. September 1888 zunächst zum Frühschoppen im „Deutschen Hof“, ab ein Uhr zur Musik auf den Marktplatz, um halb Zwei zur Festzug-Versammlung am Bickentor und schließlich zur Eröffnung des Turmes, zu dessen Besteigung, zum Konzert und geselliger Unterhaltung einzuladen.

Schon in aller Frühe verkündeten Böllerschüsse um 6 Uhr, wie wichtig ein besonderes Ereignis für die Stadt vor sich gehen sollte. Um Elf Uhr stießen dann die Aussichtsturm-Genossen in der Wirtschaft ‚Deutscher Hof‘ „bei vorzüglichem Stoff“ auf die bevorstehende Feier an. Draußen war die gesamte Stadt in Bewegung, und auch von auswärts waren zahlreiche Besucher eingetroffen. Nachmittags ab halb Zwei spielte die Kapelle der Feuer unter deren Kommandanten Heinrich Osiander auf dem Marktplatz auf, einer Ortsangabe, die man hier auch als Latschari-Platz kennt. Von dort aus ging es raus zum Bickentor und im Festzug zur Wannenhöhe – stets den kolossalen Turm im Blick.

Der“Schwarzwälder“ berichtete tags darauf:… es war ein stattlicher Zug unter Vorantritt der Feuerwehrmusik, der sich am 16. September pünktlich um zwei Uhr nach der Wannenhöhe bewegte. In einer ausgiebigen Festrede war es dem Ersten der Genossen, Oberförster Hubert Ganter, vorbehalten, den Turm als Schmuck und Gewinn der ganzen Gegen für die nächsten Jahrhunderte zu benennen.

Hochverehrte Herren, die an der Feier verhindert seien, so war sich Ganter sicher, würden die Eröffnung vom ‚Hochfirst‘ aus gedanklich begleiten; dort mit dabei der Präsident des Schwarzwaldvereins und die Vorstände der Sektion Freiburg und Neustadt. Die Herren hatten übermitteln lassen, dass sie „dem Feste in Liebe und Freundschaft gedenken“.

Sicherheit am Turm

In seiner Festrede war Oberförster Ganter auch um die Sicherheit während der Festlichkeiten besorgt. Hinsichtlich der Besteigung müsse eine gewisse Ordnung eingehalten werden. Obwohl der Turm noch nicht in allen Teilen komplett sei, sei er „von solider und hinreichend starker Construktion“ und könne ohne Gefahr bestiegen werden.

Um den Aufstieg auch möglichst vielen auswärtigen Besuchern zu ermöglichen, gelte die Vereinbarung, dass immer 40 Personen gleichzeitig empor dürften. Während eins solchen Umlaufs von 15 Minuten zwischen zwei Signalen habe man der nächsten Abteilung Platz zu machen, die man ersuche, inzwischen die Billette zu lösen.

Es sei tunlichst zu vermeiden, so Ganter, beim Aufstieg zu drängen oder das Gerüst, die Geländer und die Böden stark zu erschüttern, was selbst der „besten Eisenconstruktion Schaden bringen müsse“.

Mit Stolz wurde die Rund- und Fernsicht betont: Hohenzollern, Schwäbische Alb, Feldberg, Kandel sowie Säntis und Blümlisalp. Mit bengalischem Grußfeuern rechnete man am Abend vom Feldbergturm und vom Kandel.

Feuerwerk als Schauspiel

 Hubert Ganter war wohl überaus leidenschaftlich an diesem Tag, weshalb man auf den Turm als einem Unternehmen stolz ein dürfe, das durch die Opferwilligkeit und den Gemeinsinn der Villinger Bürger und als ein Erzeugnis der Villinger Industrie und als Werk der Gebrüder Grüninger zustande gekommen sei.

Der Blick vom Turm muss wohl über ein Jahr lang viele hundert Menschen fasziniert haben. Nur so ist zu verstehen, dass man im April 1890 eine Werbe-Broschüre für die Stadt forderte, weil auch die Neubauten für Bahnhof und Amtsgericht begonnen werden sollten…

Als weiteren Bedarf gelte eine Orientierungstafel, ein gutes Fernrohr und eine Schutzhütte für den späteren „Turmmeister“, der dann auch das Eintrittsgeld zu kassieren hatte.

Mit Pathos wurde dann der Turm offiziell eröffnet: „Möge  der Turm allen Stürme und Wetterunbilden trotzen […], damit er noch nach Jahrhunderten zum Schmucke und Gewinn der ganze Gegend kühn und ungebeugt sein Haut erheben könne“.

Es schwang schließlich auch der nationale Stolz  mit, war das Jahr 1888 doch auch das Drei-Kaiser-Jahr, weshalb man die „Hochwohlgeborenen“, den Kaiser Wilhelm den II. und den Großherzig Friedrich von Baden, hochleben ließ.

Mit eintretender Dunkelheit folgte die bengalisch Beleuchtung des Turm und ein Brillantfeuerwerk, das auch von der Stadt bewundernd aufgenommen wurde. Vom Turm aus konnten Grußfeuer vom Hohenzollern, dem Dreifaltigkeitsberg, der Wartenburg, von St. Georgen, der Fuchsfalle und vom Kandel aus entgegen genommen werden…

 

 

In über 12 Jahrzehnten seit 1888 war so mancher Enkel mit seinem Opa am Turm….vor allem zu den Waldfesten, als so mancher Zecher im wahrsten Sinne des Wortes an seinem Bierkrug kleben blieb…

Die Begeisterung in der Bürgerschaft über den Turm hielt lange an, weshalb im April 1890 genau 104 Bürger, die späteren Mitbegründer des Fremdenverkehrs- und Verschönerungsvereins, eine Petition an den Gemeinderat unterzeichnet hatten, in der man eine Ortsprospekt einforderte, reklamefrei  und mit Blick auf die Neubauten des Bahnhofs und des Amtsgerichts. Die Mittel für eine Broschüre seien „unbedeutend“ im Vergleich zur erwarteten Wohlfahrt und die Wirtschaft in einem solch großen Gemeinwesen… (wird mit IV fortgesetzt).

 

 

 

 

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