Paul Revellio – ein ewig Gestriger…

oder nur „ der große Historiker der Villinger Stadtgeschichte“ !?

Zwei ergänzende Bemerkungen – ein Gastbeitrag von Wolfgang Heitner OStR a.D.

Wer sich mit der Villinger Geschichte oder besser mit ihrer Historie befasst, der kommt am Sammelwerk des Paul Revellio aus 1964 nicht vorbei.

Wer dabei wirklich auch mit dessen Vorwort (Abb.) beginnt, dem kann auffallen, was auch Wolfgang Heitner irritierte, der sich seit vielen Jahren intensivst mit der NS-Zeit in Villingen beschäftigte und darüber auch referierte.

Hier Heitners kritischer Gast-Beitrag zu einer Zeit der individuellen und kollektiven Verirrung…

Es wäre schon interessant zu erfahren, worauf Paul Revellio sich in seinem Vorwort (Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen; 1964) konkret bezieht.

Zu fragen ist: In welchem Zeitraum lag für Revellio die erwähnte „Vergangenheit“ mit ihren „gesunden und bewahrenden Kräfte[n]“?

Wo lag für ihn die „unglückliche Gegenwart“, die Schutt über diese „Vergangenheit“ gehäuft habe, von dem sie jetzt endlich befreit werden müsse?

Wenn Paul Revellio für seine Verdienste für den Aufbau der Altertümersammlung und des Franziskaner-Museums geehrt wurde

(1952, Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik; 1961; Ehrenbürger der eh. Stadt Villingen; Am. der Redaktion)

sollte nicht verschwiegen werden, auf welch zweifelhafte Weise gewisse Exponate in der Zeit des Nationalsozialismus „erworben“ wurden.

Nachdem am 22. Oktober 1940 die letzten noch in Villingen lebenden Juden in das Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich deportiert worden sind, kam es auch in Villingen zu öffentlichen Versteigerungen jüdischen Eigentums im heutigen Franziskaner-Konzertsaal.

An einer dieser Versteigerungen, es handelte sich um den Haushalt der Familie Michael Bloch, war auch „Pg.“ (Anm. Parteigenosse) Hermann Riedel in seiner Funktion als Vertreter des Bürgermeisters direkt beteiligt.

Zusammen mit dem Leiter der Städtischen Sammlungen „Pg.“ Paul Revellio bat er die dafür zuständige Finanzdirektion Karlsruhe am 6. Oktober 1941, noch vor der öffentlichen Versteigerung, aus der „Verwertung des Hausrates des Michael Israel Bloch von Villingen […] ihr (der Stadt, Anm.) für ihre Sammlung folgende Stücke zu überlassen…“

Es folgte eine Liste über rund 80 Gegenstände.

Sie reichte von einem „doppeltürige[n] Schrank von 1721“ bis zum „geschnitzten Stock mit Schildchen: Karl Fehrenbach-Behringer, Belfast“. „Pg.“ Riedel musste jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die gewünschten Gegenstände nicht kostenlos zu haben waren, sondern er ein „Kaufangebot“ über die gewünschten Stücke abgeben solle. Eine Preisliste zur Orientierung wurde nachgereicht.

So jedoch hatten es sich Pg. Riedel und Pg. Revellio nicht vorgestellt und reduzierten daraufhin ihre Wünsche auf einige wenige Stücke mit der Bitte, wenn schon nicht kostenlos, so sollten diese der Stadt „doch zu einem ganz bescheidenen Preis […] überlassen“ werden.

Auf diese Weise wurde letztlich verfahren. So also wurde um jüdisches Vermögen – ja – geschachert.

Das Museum erhielt unter anderem zwei Schränke, eine Kommode, eine Standuhr und vielerlei Geschirr.

Pg. Revellio konnte endlich den Erhalt der Gegenstände bestätigen und diese in die Städtischen Sammlungen einreihen.

Quelle: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen, Best.2.2. Nr. 5212

2 Gedanken zu „Paul Revellio – ein ewig Gestriger…“

Schreibe einen Kommentar