De Ummehofer-Beck – Mit Leib und Seele zwischen Teig, Backofen und Feuerwehr

Vilinger Wirtschaftswandel – Von früheren Betrieben, ihren Inhabern und den Belegschaften – Teil 4 Bäcker Ummenhofer

Einst zählten sie über Jahrzehnte zu den führenden Firmen in Stadt und Land, boten sichere Arbeitsplätze, und dennoch gab es wirtschaftliche Veränderungen, die zum Wechsel der Inhaber, zur freiwilligen Liquidation oder in den bedingten Konkurs führten. Mit einem Kollektiv und mit werbender Darstellung ihrer  Unternehmen stellten  Firmenchefs 1964/65 dereinst ihre Betriebe, ihre Leistungen  und ihr Personal  ins Licht der „public relation“: selbst finanziert, kurz und präzise.

Den Sammelband aus 1964/65 machte damals ein Vorwort von OB Severin Kern bedeutend, der diese zeitgenössische  „Kultur-und Wirtschaftschronik“ der Boom-Jahre als „Urkunde und Kunstwerk“ einstufte, das sich als „Goldenes Buch“ des Kunstverlags Bühn in München „aus der Masse der stadtamtlichen Bücher heraushebe“. Den begleitenden Überblick zur 1000-jährigen Stadtgeschichte schrieb der Villinger Historiker und Studienprofessor Paul Revellio (1886 – 1966). Die Portraits einzelner Inhaber mit weiteren Villinger Motiven und Skizzen, auch zu ehemaligen Betriebs-Gebäuden, schuf Gyorgy Jancovics, München.

Heute: Der Ummenhofer-Beck am Eck

Die städtischen Bäcker der 60er Jahre kannten sich alle über Zunft:

mit Leute, Hoch, Seyfried, Obergfell, Bueb, Hoch, Hettich, Beha, Busch, Waldkircher, Zipfel und eben August Ummenhofer, dem einst stellvertretenden Villinger Feuerwehr-Kommandanten.

Einer von ihnen, dem man gar ein närrisches Sprüchlein andichtete, ist bis heute fasnachtlich bekannt: der Bäcker Rieble in der Gerberstraße.

I de Gerberstroß‘ am Eck, do wohnt de Rieble-Beck, er streckt de A… zum Fenschter nuus, mer mont es sei en Weck‘!  Es isch kon Weck‘, es isch kon Weck, es isch de A… vum Rieble-Beck.

 

Reizvolle Zeitungsanzeige fürs morgendliche Ummenhofer-Kaffebrot, das nach Wunsch auch durch Boten geliefert werde.  Die Boten, so Sohn Bertold 2020, „waren min Brueder Benedikt un ich, jede Morge bis ins Kurviertel zu de damalige Prominente.

 

Der kleine Bäcker im Foto ist schnell zu erkennen: Bertold Ummenhofer, einst selbst „Lehrbue bim Vater“, danach Konditorenlehre in Rheinfelden, dann im Abendkurs zum Bäckermeister und schließlich doch Bank-und Versicherungs-Kaufmann.

Doch übers Jahr stadtbekannt, und dies nicht zuletzt auch wegen seiner Funktion als stellvertretender Feuerwehr-Kommandant (1948 bis 1963 an der Seite von Kommandant Paul Jordan), war Bäcker August Ummenhofer am „engen Eck“  der Färber- und Brunnenstraße.

Seiner Stadt zu dienen, betonte er 1964/65 auch darin, lokale Firmen mit einer Vielzahl anderer werbend herauszustellen und hervorzuheben, in dem auch Ummenhofer im kollektiven Sammelband seinen Standort Villingen und den seiner Mitstreiter betonte.

 

Was 1857 mit dem „Fischer-Beck“ Fridolin Fischer, seiner Landwirtschaft und einer separaten Backstube begann, dauerte zunächst 30 Jahre, bis Sohn Rudolf des Vaters Handwerk übernahm.

Doch schon nach nur sechs Jahren brachte ein Unfall Tod und Trauer in die Familie. Während eines Fasnetumzugs 1893 stürzte Rudolf vom Pferd und starb an den Folgen seiner Verletzungen.

Seine Witwe Benedikta mit zwei Kindern fand in August Ummenhofer einen zweiten Ehepartner, dem sie noch drei Söhne und eine Tochter gebar.

Zur neuerlichen Familien-Tragödie wurde Benediktas Tod bei der Geburt eines weiteren Mädchens.

Aus der Fürsorge für nun sechs Kinder heiratate August ein zweites Mal und bekam noch eine Tochter, Ida.

Doch das Schicksal hielt leidvoll an: drei Söhne fielen im 1. Weltkrieg.

Und so dauerte es bis 1927, bis der jüngste Sohn August Ummenhofer II. die Bäckerei übernahm. Die Landwirtschaft hatte August sen. bereits 1907 aufgegeben.

 

Engagiert konzentrierte sich August jun. auf ein erweitertes Sortiment mit Feinbäckerei und Konditorei. Das Ladengeschäft wurde 1957 vergrößerte und modernisiert; stammte das Gebäude doch ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert.

Sohn Johann August erlernte das Handwerk des Vaters, blieb diesem treu und stand ab 1953 zwischen Teigtisch und Backofen.

So wurden August sen. und Maria recht stolz auf August Johann, aus der ersten Ehe mit Agnes Götz, auf Benedikt Anton, den späteren Dermatologen, Bertold Rudolf, einst ebenfalls gelernter Bäcker,  Bank-und Versicherungskaufmann und heute engagierter Stadtrat, und Tochter Marianne, die viele Jahre im Bäckerei-Verkauf überzeugte.

Das Haus Ummenhofer wurde 1961 über alle sechs Stockwerke mit Dach und Fassade saniert. Bis zur späteren Übernahme durch  Bäckermeister Link (von 1973 bis 1993) standen Brot, Wecken und Brezeln hoch im Kurs bei den Kunden, die den Weg zum „engen Eck an der Käs’gass‘“ zur Färberstraße nicht nur der Qualität wegen nahmen.

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